Wieviel Ladeleistung brauche ich daheim?
Naja, das hängt ganz davon ab, wieviel Sie fahren. Die meisten Elektroauto-Neulinge wollen unbedingt eine 22kW-Ladestation haben — obwohl die meisten Fahrzeuge diese Leistung gar nicht nutzen können. Hinzu kommt: Diese Leistung kann man gar nicht in jedem Haushalt realisieren, und der Netzbetreiber muss diese Leistung auch genehmigen.
Rechnen wir einfach mal. Meine tägliche Fahrstrecke ist normalerweise nicht mehr als 50km, aber zur Sicherheit nehmen wir mal 100km an. Die fahre ich mit großzügigen 20kWh/100km. Dann muss ich täglich 20kWh nachladen. Und nun kommt der entscheidende Kniff: Das Nachladen kann über Nacht passieren, denn ich muss ja nicht neben dem Auto stehen bleiben. In 9 Stunden Nachtruhe müsste ich also 20kWh laden, macht also 20/9=2.2kW oder einen Ladestrom von knapp 10A bei 230 Volt. Zufällig sind diese 10A genau das, was ich problemlos auf Dauer aus einer Schukosteckdose entnehmen kann. Die meisten Notladekabel nutzen genau diese 10A und lassen mich so über Nacht die 100km Fahrstrecke nachladen. Vielen Autofahrern dürfte das locker reichen.
Daher wäre mein erster Rat: Erst einmal mit dem wahrscheinlich sowieso beim Auto inbegriffenen Notladekabel bleiben und damit Erfahrung sammeln. Das Laden an einem Schnelllader geht recht, nunja, schnell — wenn man wirklich mal schneller laden muss. Nach ein, zwei Wochen weiß man dann, was man wirklich braucht.
Aber: Das Notladekabel ist — der Bequemlichkeit halber — keine gute Dauerlösung, denn man will es ja sowohl daheim als auch unterwegs nutzen und muss es ständig ein- und ausräumen. Oder die 100km reichen nicht für die täglichen Fahrten. Früher oder später landet man dann bei einer Wallbox. Welche Ladeleistung man damit erreichen kann hängt einerseits vom Fahrzeug, andererseits von der Wallbox ab, denn: Ein Auto mit nur einem langsamen Einphasenlader profitiert eben nicht von einer Dreiphasen-Wallbox. Im Folgenden bleibe ich bei der Wallbox, jedoch muss man die Möglichkeiten seines Autos im Blick behalten.
Die folgende Tabelle zeigt die in Deutschland möglichen Kombinationen von maximalem Ladestrom und Anzahl der Phasen.
Ladestrom [A] | # Phasen | Ladeleistung [kW] | Reichweite/h [km] |
---|---|---|---|
10 | 1 | 2,2 | 11 |
16 | 1 | 3,6 | 18 |
16 | 3 | 11 | 55 |
32 | 1 | 4,6 | 23 |
32 | 3 | 22 | 110 |
Selbst mit nur einer Phase und 16A kann man etwas schneller laden als mit dem Notladekabel — in neun Stunden Nachtruhe kommt man auf immerhin 9*18=162 km geladene Reichweite. Das ist etwas vereinfacht, denn die Ladekurve des Fahrzeugs wird vernachlässigt; für den Vergleich ist das aber genau genug. Mit einer dreiphasigen 16A-Wallbox kommt man auf 9*55=495 km. Diese beiden Varianten dürften auch diejenigen sein, die das beste Preis/Leistungsverhältnis haben.
Ein- oder dreiphasige Ladestationen mit 32A sind natürlich erheblich schneller als die 16A-Variante. Allerdings kann eine einphasige Ladestation die 32A nicht ganz ausreizen: Theoretisch könnte man mit 7,4kW laden, aber damit würde man die erlaubte Schieflast in Deutschland überschreiten. Deshalb sind diese Ladestationen auf 4,6 kW begrenzt, es sei denn, sie haben eine eigene Stromerzeugungsanlage und ein System, was die Schieflast überwacht. Dann können sie — entsprechende Erzeugung vorausgesetzt — auch mit mehr als 4,6 kW laden.
Außerdem braucht man ja nicht nur eine 32A-Ladestation, sondern auch ein dazu passendes Auto. Bei 22kW Ladeleistung findet man nur noch ein Auto, das diese überhaupt nutzen kann: Die Zoe von Renault. Ein Tesla Model S (2019) kann nur 16,5kW nutzen, und die meisten Drehstromlader begnügen sich mit 11kW.
Für die meisten Fälle gilt: Daheim sinnvoll und realistisch sind Wallboxen mit 3,6kW und 11kW. Bei 11kW muss man einen entsprechenden Drehstromanschluss haben und der Hausanschluß muss noch die passenden Reserven bieten. Falls das knapp wird: Für 3,6kW findet sich eigentlich immer eine Realisierungsvariante. In Mehrparteienhäusern ist das oft auch die einzig mögliche Option.
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