Wie hoch sind eigentlich die Ladeverluste?

Technik

Beim Einstecken an der Ladestation kann man sich schon fragen, wie viel des Stroms jetzt wirklich im Akku landet. Wie so oft gilt: Darauf gibt es keine wirklich einfache Antwort. Die Ladeverluste hängen von vielen Faktoren ab. Ich drösele das im Folgenden mal genauer auf.

Wohin geht die Energie?

Zunächst einmal kommt es darauf an, ob man Wechselstrom (AC) oder Gleichstrom (DC) lädt, denn: Der Strom muss unterschiedliche Komponenten durchlaufen und wird auch an unterschiedlichen Stellen gemessen. Ich fange mit dem AC-Laden an, denn das ist der komplexere Fall. Einen groben Überblick über die Energieflüsse liefert folgende Grafik:

Sankey-Diagramm der Ladeverluste

Von links nach rechts im Überblick: Die Ladestation entnimmt die Energie aus dem Stromnetz, dann gibt es eine Gleichrichtung, und schließlich wird die Energie chemisch in der Batterie gespeichert. Auf diesem Weg gibt es jedoch diverse Umwandlungsverluste, und auch der Betrieb der 12V-Aggregate benötigt Energie.

Die Scheinenergie ignorieren wir zunächst einmal und starten bei der Wirkenergie, also das, was normalerweise Ihr Haushaltsstromzähler erfasst. Beim AC-Laden wird Dreh- oder Wechselstrom über das Ladekabel zum Ladegerät im Auto transportiert. Dort wird der Strom gleichgerichtet, denn die Batterie benötigt Gleichstrom. Diese “HV-Wandlung AC/DC” erzeugt also aus 230 Volt AC eine Gleichspannung, die in der Größenordnung von 400 Volt DC liegt1.

Bei dieser Wandlung entsteht – wie immer, wenn Energie gewandelt wird – ein Umwandlungsverlust. Ein sehr gutes Ladegerät schafft dabei eine Effizienz von 95 Prozent, der Rest geht in Form von Abwärme verloren. Der Gleichstrom wird allerdings nicht komplett in der Batterie gespeichert. Das Bordnetz, also alle 12V-Verbraucher, wollen ja auch noch versorgt werden. Dafür gibt es einen weiteren DC/DC-Wandler mit entsprechenden Verlusten. Zum Laden selbst steht also noch einmal etwas weniger Energie zur Verfügung. Und, Sie ahnen es: auch die chemische Speicherung ist nicht verlustfrei. Wer schon einmal einen kleinen AA-Akku geladen hat, hat vielleicht festgestellt, dass sich der Akku leicht erwärmt. Das ist vollkommen normal und unbedenklich, allerdings geht diese Wärme als Verlust verloren.

Natürlich ist das nur eine Beispielrechnung. Die Größenordnung sollte schon so stimmen2, aber je nach Fahrzeug und Ladeart ändern sich die Zahlen der Grafik. Pi mal Daumen kann man trotzdem sagen: Gut 80 Prozent der Energie landen im Akku, jedenfalls beim AC-Laden. Der Rest sind Verluste, die letztlich als Wärme in die Umgebung abgegeben werden.

Effizienz der AC-Ladung

Obwohl die “80 Prozent landen im Akku”-Regel oft passt: Die Umwandlungsverluste können auch erheblich größer sein. Ein großer Einflussfaktor ist die Ladeleistung selbst. Das kommt daher, das ein AC/DC-Wandler eine Effizienzkurve hat, die eben von der Leistung abhängt. Man kann durchaus AC/DC-Wandler bauen, die über einen sehr breiten Leistungsbereich recht effizient arbeiten. Mein BMW i3 macht das zum Beispiel ziemlich gut:

Ladeeffizienz bei unterschiedlichen Ladeströmen

Der Graph basiert auf Messungen an einer AC-Ladesäule, beide Fahrzeuge haben Drehstrom zur Verfügung. Die Zoe zeigt bei geringeren Ladeströmen eine katastrophale Effizienz: Unter 10 A Ladestrom kommt kaum noch etwas im Akku an. Ob dies ein Einzelfall bei dem gemessenen Fahrzeug ist oder auf alle Zoes dieser Bauart zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Die oben vermessene Zoe hat bei niedrigen Leistungen einen sehr niedrigen Power Factor, d.h. das Ladeverhalten hängt konstruktiv mit dem verbauten Ladegerät zusammen.

Neben dem AC/DC-Wandler sind allerdings auch die Nebenaggregate entscheidend. Ladesteuerung, Akkuklimatisierung etc. benötigen ja auch Energie, die jedoch nicht im Akku landet. Wer langsamer lädt muss diese Systeme auch länger mit Energie versorgen: die Effizienz sinkt daher. Generell dürfte eine schnelle Ladung also effizienter sein.

Gleichstrom-Schnellladen

Beim Schnellladen mit Gleichstrom sieht es ganz ähnlich aus, nur das die Umwandlungsverluste bis zum Hochvolt-Gleichstrom entfallen. Naja, sie entfallen natürlich nicht, aber: Diese Wandlung findet innerhalb der Schnellladesäule statt. Geliefert und abgerechnet wird Gleichstrom, daher spielen aus der Perspektive des Autos die Umwandlungsverluste keine Rolle.

Trotzdem müssen natürlich beim Laden die Nebenaggregate betrieben werden. Gerade im Winter kann z.B. die Akkuheizung einen recht großen Anteil am gekauften Ladestrom haben. Gleiches gilt im Sommer, wenn die Akkuklimatisierung nach einer Autobahnfahrt den Akku während dem Laden kühlen muss.


  1. Die genaue Spannung richtet sich nach dem Ladestand der Batterie: Bei geringem Ladestand ist die Spannung niedriger als bei voller Batterie. ↩︎

  2. Die Grafik enthält nur die Werte bis zur ersten Nachkommastelle, weshalb die Werte nicht ganz aufgehen. Es geht hier um die Größenordnung, nicht um die genauen Werte. ↩︎

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