Was ist die Netzimpedanz? Wieso ist sie wichtig?
Eine Ladestation belastet eine Hausinstallation deutlich stärker als andere Haushaltsgeräte. Zum einen, weil der Ladestrom mit 11 kW oder gar 22 kW schon recht hoch ist. Und andererseits auch, weil das Laden selbst bei den hohen Leistungen recht lange dauern kann. Hohe Leistung über lange Zeit: Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass die Ladestation korrekt angeschlossen ist und keine fehlerhaften Verbindungen vorliegen.
Eine elegante Möglichkeit, die Verbindungsqualität zum Stromnetz zu beschreiben, ist die Netzimpedanz. Mit einem Installationstester kann man diesen Wert messen und die Qualität der Verbindung zum Stromnetz beurteilen. So sieht zum Beispiel eine extrem gute Verbindung aus, wenn man direkt neben einem Trafohäuschen wohnt:
Okay, leicht geschummelt, das ist eine Fehlerschleifenimpedanz, aber die Netzimpedanzen sahen genauso gut aus. Mit 0,056 Ohm würden bei 230 Volt ein Kurzschlussstrom von
$$ U = Z \cdot I \Longleftrightarrow$$
$$ I = \frac{U}{Z} = \frac{230 V}{0,056 \Omega} = 4107,14 A $$
fließen. Sprich: Sie wären in der Lage, einen sehr hohen Strom aus dem Stromnetz abzurufen. Das ist eine sehr gute Anbindung ans Stromnetz! Aber noch einmal einen Schritt zurück:
Was ist diese Netzimpedanz eigentlich?
Die Netzimpedanz ist der komplexe Wechselstromwiderstand, den man an einer Steckdose zwischen dem Außen- und Neutralleiter messen kann. Dieser Widerstand begrenzt den maximalen Strom, der über die Steckdose fließen könnte. In einem perfekten Stromkreis wäre die Impedanz 0 Ohm, da weder die Kabel noch die Verbindungen einen Widerstand hätten. Die Realität sieht allerdings anders aus.
Die Netzimpedanz ist nützlich, weil sie beschreibt, wie leitfähig ein Stromkreis im Niederspannungsnetz ist. Das ist aus zwei Gründen wichtig:
- Eine hohe Impedanz weist darauf hin, das eine Verbindung fehlerhaft hergestellt wurde. Das kann z.B. eine Klemmstelle sein, die einen hohen Übergangswiderstand hat.
- Damit ein Leitungsschutzschalter bei einem Kurzschluss den Strom unterbrechen kann muss sichergestellt sein, das ein entsprechend hoher Kurzschlussstrom fließen kann. Andernfalls würde der Leitungsschutzschalter nicht auslösen.
In obigem Beispiel könnten 4107 A fließen, ein exzellenter Wert. Die
Verbindungen sind alle ok, denn bei einer derart geringen Netzimpedanz
sind keine schlechten Verbindungen zu erwarten. Auch ein
Leitungsschutzschalter vom Typ B 16, wie er für normale Schukosteckdosen
oft eingebaut wird, würde einen Kurzschluss locker erkennen, da eben
dieser hohe Strom fließt. Die Auslöseschwelle für den Typ B 16 liegt bei
$ 5 \cdot 16 A \cdot 1.5 = 120 A$
, also weit unterhalb des
“verfügbaren” Stroms.
Bei folgender Messung ist der Wert noch im Rahmen, aber deutlich schlechter:
Diese Messung stammt aus einem Haushalt im Ortskern eines ländlichen Ortes. Die Entfernung zum nächsten Trafohäuschen ist wesentlich größer, und die Steckdose ist am letzten Ende des entsprechenden Haushalts. Trotzdem reichen die 278 A Kurzschlussstrom aus, um auch hier sicher den Leitungsschutzschalter auszulösen.
Wie misst man die Netzimpedanz?
Jedes Multimeter hat eine Einstellung zum Messen von Widerständen – aber damit kann man die Netzimpedanz nicht messen. Der Prüfstrom, den ein normales Multimeter nutzt, ist einfach viel zu klein im Verhältnis zu den Strömen, die sonst im Niederspannungsnetz fließen. Aber man kann die Netzimpedanz trotzdem auch ohne Installationstester bestimmen. Dazu braucht man (von links nach rechts):
- Einen ohmschen Verbraucher. Ich nutze hier einen Heißluftföhn mit 1500 Watt.
- Ein Strommesser
- Ein Spannungsmesser
- und eine Verdrahtung, die es erlaubt, Spannung und Strom des Heißluftföhns parallel zu messen.
Ich gehe nicht weiter darauf ein, wie dieser Aufbau zu verdrahten ist — schließlich dürfen das sowieso nur Elektrofachkräfte. Ist aber hinreichend simpel. Die Messung ist nun ganz einfach: Wir messen den Spannungsfall und den Strom, der beim Betrieb des Heißluftföhns entsteht. Im Bild oben war der Föhn ausgeschaltet, also (nahezu) 0 Ampere bei 212,9 Volt. Eingeschaltet sieht der Versuch so aus:
Also: 207,6 Volt bei 5,7 Ampere. Daraus kann man die Netzimpedanz ableiten:
$$ Z = \frac{212,9 - 207,6 [V]}{5,7 [A]} = 0,929 \Omega $$
Das ist recht nahe am oben gemessenen Wert von $ 0,828 \Omega $
, der
von der gleichen Steckdose stammt. In meinem Versuchsaufbau
sind vermutlich die Übergangswiderstände der Verkabelung höher
— aber es geht hier ja auch nur um das Prinzip.
Was nützt mir das?
Wenn Sie sich nun zu Recht fragen, warum ich Ihnen das auf einer Webseite über Wallboxen erzähle: Leider machen viele Elektriker diese Messungen bei der Inbetriebnahme einer Wallbox nicht. Dabei ist diese Messung ein sehr einfacher Weg, zu prüfen, ob die Verkabelung fehlerfrei ist. Sowohl die Netzimpedanz (L-N) als auch die verwandte Fehlerschleifenimpedanz (L-PE) sind recht einfach und schnell zu messen, und ein Fachbetrieb wird diese Messwerte auch dokumentieren.
Sie sollten also bei der Installation einer Wallbox darauf achten, das der Fachbetrieb Ihnen ein Messprotokoll übergibt. Darin finden Sie neben den Impedanzen noch weitere Werte, z.B. die Auslösezeiten und -ströme des Fehlerstromschutzes. Einerseits ist das natürlich ein Zeichen für eine saubere Arbeitsweise des Fachbetriebs. Andererseits gehört ein Messprotokoll auch in Ihre Unterlagen: Bei einem Schaden können Sie so auch gegenüber Ihrer Versicherung den ordnungsgemäßen Zustand der Elektroinstallation dokumentieren.
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