Warum hat ein Elektroauto noch eine 12V-Batterie?

Technik Sicherheit

Etwas komisch ist die 12 Volt-Batterie im Elektoauto schon: Schließlich ist die Traktionsbatterie, also der Akku aus dem der Strom zum Fahren kommt, ja viel leistungsfähiger. Trotzdem: Das 12 Volt-Bordnetz hat noch lange nicht ausgedient und wird wohl noch lange verbaut werden. Dafür gibt es zwei Gründe:

  1. Existierende 12 Volt-Komponenten können weiter genutzt werden und
  2. für diverse Sicherheitsmechanismen braucht man eine 12V-Batterie.

Die 12 Volt-Batterie ist also auch im Elektroauto ein wichtiger Baustein. Daher muss man auch diese Batterie im Auge haben — sonst besteht die Gefahr, dass man irgendwann liegenbleibt oder sich das Auto nicht mehr starten lässt.

Die 12V-Batterie in einem BMW i3

Komponenten aus dem Regal

Der erste Grund für die 12 Volt-Batterie ist recht schnell erklärt: 12 Volt-Bordnetze sind momentan der Standard im PKW-Bereich. Daher können Komponenten wie z. B. eine Unterdruckpumpe für den Bremskraftverstärker direkt aus dem Regal der Zulieferer verbaut werden. Es wäre natürlich aber auch denkbar, die 12 Volt für das Bordnetz direkt aus der Traktionsbatterie zu generieren. Dafür braucht man jedoch einen recht leistungsfähigen DC/DC-Wandler, der in der Lage ist, auch Belastungsspitzen zuverlässig abzudecken. Mit einer 12 Volt-Batterie kann man einen viel kleineren DC/DC-Wandler einsetzen, der die 12 Volt-Batterie auflädt. Er wäre zwar nicht in der Lage, den maximalen Strombedarf aller 12 Volt-Bauteile zu decken — muss er aber auch nicht, denn die 12 Volt-Batterie puffert diese Lastspitzen. Er muss also nicht für die Spitzenlast, sondern nur für die durchschnittliche Last des 12 Volt-Systems dimensioniert sein.

Sicherheitsmechanismen auf 12 Volt-Basis

Der wichtigere Grund ist aber: Die Sicherheitsmechanismen der Hochvoltbatterie (und weiterer Systeme wie Airbags) hängen von der 12 Volt-Batterie ab. Es gibt zwei Arten von Hochvoltsystemen in Elektrofahrzeugen: die eigensicheren Systeme und die nicht-eigensicheren Systeme. Im PKW-Bereich sind fast überall eigensichere Systeme verbaut. Das bedeutet: Normalerweise ist die Traktionsbatterie nicht mit dem Fahrzeug verbunden. Zwei Schütze trennen die Traktionsbatterie ab. Erst wenn man das Auto einschaltet, wird eine Sicherheitsprüfung gemacht. Ist diese erfolgreich können die Schütze geschlossen werden und die orangen Hochvolt-Kabel sind mit der Batterie verbunden. Danach ist das Auto fahr- und ladebereit.

Hintere Serviceklappe BMW i3

Je nach Hersteller ist diese Sicherheitsprüfung unterschiedlich — im Wesentlichen wird aber der Isolationswiderstand gemessen: Wenn z. B. ein Hochvoltkabel an einer Stelle blank gescheuert wäre, würde der Isolationswiderstand zur Karosserie sehr stark sinken. Die Gefahr darin wäre, dass die Fahrzeugkarosserie unter Strom gesetzt wird und so eine Verletzungsgefahr entsteht. Daher wird also zunächst gemessen, ob die Isolation noch in Ordnung ist. Und erst dann wird die Hochvoltbatterie zugeschaltet.

Das erklärt auch, warum man die 12 Volt-Batterie zwingend braucht: Die Elektronik für die Isolationsmessung braucht ja auch eine Stromversorgung. Und die Schütze selbst werden elektrisch betätigt, was nur durch eine externe, sichere 12 Volt-Stromversorgung möglich ist. Hinzu kommt: Bei einem Unfall, bei dem auch Airbags ausgelöst werden, wird die Hochvoltbatterie über eine pyrotechnische Sicherung permanent vom Fahrzeug getrennt. Damit das zuverlässig funktioniert setzt man auch dafür auf die 12 Volt-Batterie.

Schließlich ist es auch für die Werkstatt und den Abschleppdienst viel einfacher, mit einem eigensicheren Hochvoltsystem zu arbeiten. Bei meinem BMW i3 muss man nur einen kleinen Stecker im Frunk lösen und sichern. Danach ist das Hochvoltsystem sicher abgeschaltet, sprich: Die beiden Schütze in der Batterie können das Hochvoltsystem nicht wieder zuschalten.

HV-System abschalten beim BMW i3

Pflege der 12 Volt-Batterie

Sie sehen also: Die 12 Volt-Batterie hat noch lange nicht ausgedient. Im Gegenteil, sie übernimmt im Elektroauto einfach andere Aufgaben. Daher sollte man sich auch ab und an um die 12 Volt-Batterie kümmern. Denn: Ohne diese Batterie geht gar nichts. Besitzer einer Renault Zoe kennen die Fehlermeldung “ELEC System prüfen” — dahinter verbirgt sich meistens einfach eine gealterte 12 Volt-Batterie. Renault empfiehlt auch, diese alle drei Jahre zu tauschen. Ob das wirklich sinnvoll ist oder nicht lesen Sie in einer anderen Frage (TODO).

Unterstützen

Hier gibt es keine Werbung, denn ich schätze meine Unabhängigkeit. Ich schreibe diese Texte nicht, um reich zu werden — aber ich mag Kaffee. Wenn Ihnen der Text also eine Kleinigkeit wert ist: Hier geht es zu meiner Kaffeekasse, vielen Dank!