Kann meine Photovoltaikanlage mein Auto laden?

Technik Daheim
Eine Mini-PV-Anlage im Garten

Ja, natürlich kann sie das! Dem Auto ist es egal, woher der Strom kommt — und der PV-Anlage ist es egal, wer den erzeugten Strom verbraucht. Das Laden aus einer eigenen PV-Anlage ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch finanziell die mit Abstand günstigste Möglichkeit. Eine moderne PV-Anlage erzeugt eine Kilowattstunde für etwa 11 ct. Das ist billiger als der Strom aus dem Hausanschluss, und erst recht wenn man mit den Preisen öffentlicher Ladesäulen vergleicht. Damit das sinnvoll funktioniert müssen Sie allerdings ein paar Dinge beachten.

Der einfachste Fall: Direkt ins Auto laden!

Angenommen, Sie sind tagsüber daheim und die Sonne scheint, d. h. Ihre PV-Anlage produziert Strom. Dann müssen Sie nicht viel mehr tun als Ihr Auto ganz normal über die Wallbox zu laden. Sobald Sie das Auto einstecken wird der Strom nicht mehr ins Netz eingespeist, sondern findet den Weg in Ihre Batterie ganz automatisch. Genau genommen lädt das Auto ganz normal, nur wird der lokal erzeugte PV-Strom aufgrund der Physik des Stromnetzes zuerst verbraucht.

Das bedeutet auch, das die Größe des Ladestromes eine erhebliche Rolle spielt: Alles, was in dem Moment zu viel erzeugt wird, fließt ins Stromnetz. Verbrauchen Sie aber mehr, als Sie erzeugen, kommt der Unterschied hingegen aus dem Stromnetz. Anhand eines Beispiels wird das schnell klar: Im ersten Bild oben sehen Sie meine kleine Garten-PV-Anlage mit putzigen 0,3 kW Peakleistung. Realistisch kann diese Anlage also maximal 270 Watt erzeugen:

Stromerzeugung einer Mini-PV-Anlage

Der Graph zeigt die Stromerzeugung der Garten-PV-Anlage an zwei Sommertagen. Wenn ich mittags mein Auto lade verschwindet dieser Strom direkt in der Batterie, allerdings mit einer Einschränkung. Schauen Sie sich dazu folgenden Graph meines Haushaltsverbrauchs im gleichen Zeitraum an:

Stromverbrauch mit Ladespitze

Man kann von meinem Haushaltsverbrauch wenig erkennen, denn die große Spitze in dem Graph dominiert alles andere. Das ist ein Ladevorgang mit 11 kW Leistung, also das, was mein BMW i3 an einem AC-Anschluss maximal laden kann. Mal abgesehen davon das ich erst Abends lade und nicht mittags: Mein PV-Strom wäre zwar vollständig verbraucht worden, aber eben nur während der relativ kurzen Ladedauer. Der Rest kommt nach wie vor aus dem Stromnetz, denn die Leistung der PV-Anlage reicht nicht aus, um das Auto komplett zu versorgen.

Viel geschickter wäre gewesen, einerseits tagsüber zu laden und andererseits das Laden langsamer zu machen. Also statt mit 11 kW vielleicht nur mit 2 kW zu laden. Durch die längere Ladedauer zieht man die Ladekurve zeitlich auseinander und gleicht den Stromverbrauch besser an die PV-Erzeugung an.

Den Ladestrom anpassen

Überhaupt ist die Anpassung des Ladestroms ein wichtiger Aspekt. Im Graph der Erzeugung sieht man immer wieder Sprünge in der Leistung. Das sind einfach Wolken, die kurzfristig die Sonne abschatten und so auch die PV-Erzeugung reduzieren. Ähnlich wirkt aber auch ein Herd, den man zur Mittagszeit nutzt: Der Hausverbrauch steigt, und man muss vielleicht Strom aus dem Netz hinzukaufen.

Ideal wäre es also, den Hausstromverbrauch und die Erzeugung zu messen und dann nur den Überschuss ins Auto zu laden. Und es gibt in der Tat Systeme, die genau das machen: Entweder komplette Wallboxen von Photovoltaik-Unternehmen oder auch Smart Home-Komponenten, die neben der Wallbox auch noch andere Geräte steuern. Dazu braucht man neben einer technisch geeigneten Wallbox auch noch Messgeräte in der Hausinstallation selbst.

Das Überschussladen in einem Smart Home kann dann so aussehen: Abends steckt man das Auto einfach an die Ladestation und kümmert sich nicht weiter darum. Das Laden beginnt allerdings nicht sofort, sondern erst, wenn am nächsten Morgen die Photovoltaikanlage genügend Leistung erzeugt. Die Wallbox benutzt dabei den CP-Kontakt, um den Ladevorgang entsprechend zu verzögern und die Ladeleistung anzupassen. Zieht eine Wolke vorbei oder schaltet jemand die Waschmaschine ein wird die Ladeleistung so angepasst, das bestenfalls gar kein Strom aus dem Netz benötigt wird. Aber Achtung: Leider kann nicht jedes Auto mit der Ladeverzögerung umgehen. Zum Beispiel schläft ein eGolf erster Generation Abends ein und lässt sich morgens nicht zum Laden überreden. Es gibt mittlererweile auch Wallboxen, die zwischen ein- und mehrphasigem Laden umschalten können. So lässt sich die Ladeleistung der PV-Produktion über einen weiten Bereich anpassen.

Ein Notladekabel mit seiner langsamen Ladung kann gut zum PV-Laden geeignet sein.

Es gibt natürlich auch die technisch simpelste Lösung: Einfach das Notladekabel zum langsamen Laden verwenden. Viele Notladekabel erlauben es, die Ladeleistung durch ein paar Tastendrücke zu reduzieren. Wer morgens also auf den Wetterbericht guckt, kann das Auto geschickt einstecken und so direkt von der Sonne in die Batterie laden.

Warum nicht einfach ein Batteriespeicher?

Alles, was ich bis hierher beschrieben habe, funktioniert natürlich nur, wenn das Auto tagsüber daheim ist. Prinzipiell kann man natürlich auch den Umweg über einen stationären Batteriespeicher gehen. Der wird tagsüber mit den Überschüssen der PV-Anlage aufgeladen und nachts wird der Strom dann ins Auto umgeladen. Technisch funktioniert das problemlos und wird auch von einigen Anbietern als Lösungsweg bevorzugt. Trotzdem bin ich kein Fan dieser Lösung, und zwar aus einem einfachen Grund: Der Effizienz.

TODO: Bild Batteriespeicher

Beim Laden und Entladen einer Batterie entstehen immer Umwandlungsverluste. Hauptsächlich ist dafür die Gleich- und Wechselrichtung des Stroms verantwortlich. Das passiert gleich mehrfach: Die Photovoltaik erzeugt Gleichstrom, der dann im PV-Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt wird. Diesen kann dann z. B. das Auto zum Laden verwenden — was wiederum bedeutet, das im Bordladegerät des Autos der Wechselstrom wieder in Gleichstrom verwandelt wird. Ähnliches gilt auch für stationäre Batteriespeichersysteme. Auch diejenigen Systeme, die von der PV-Anlage direkt in die Batterie laden, brauchen eine Umwandlung zur Anpassung des Spannungsniveaus.

Leider kann man die Effizienz dieser Umwandlungen ohne genaue Messungen nur grob abschätzen. Das kommt daher, das die Effizienzangaben üblicherweise nur für den optimalen Arbeitspunkt angegeben werden. Als Anhaltspunkt gilt: Im optimalen Arbeitspunkt, beim Elektroauto-Bordlader üblicherweise 16 A oder 3,7 kW, beträgt die Effizienz etwa 90 %. Bei niedrigeren Leistungen sinkt die Effizienz auf 80 % oder auch darunter.

Wenn ich nun direkt aus der Photovoltaikanlage ins Auto lade ist die Ladeleistung durch die Regelung nur selten im Optimum. Von zehn erzeugten Kilowattstunden bleiben am Ende dann noch etwa 8 kWh im Elektroauto übrig (80 % von 10 kWh). Wenn man das gleiche nun mit dem Umweg über einen stationären Batteriespeicher macht sinkt die Effizienz noch weiter: Die erste Umwandlung in den Batteriespeicher und wieder hinaus liegt erfahrungsgemäß bei 80 %, in unserem Beispiel bleiben also 8 kWh übrig. Das Laden selbst liegt dann wieder bei 80 % — macht 6,4 kWh, die tatsächlich im Auto ankommen. Unter Effizienzaspekten wäre es also weitaus sinnvoller, beim Arbeitgeber zu laden.

(TODO: Artikel “Laden am Arbeitsplatz”)

Fazit

Prinzipiell funktioniert das PV-Laden mit dem, was heute zur Verfügung steht, schon ganz gut. Es lohnt sich finanziell auch: Mit einer kleinen PV-Anlage kann man momentan für etwa 10 ct/kWh Strom erzeugen. Billiger kann man nicht laden! Dafür muss man allerdings bereit sein, sich mit dem Thema zu beschäftigen und entweder sein Smart Home richtig konfigurieren können oder eben manuell das Auto je nach Wetterlage anschließen. Bis das PV-Laden daheim richtig komfortabel und automatisch funktioniert müssen PV-Anlagenhersteller, Smart Home-Anbieter und natürlich auch die Autohersteller noch einmal nachlegen.

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