11kW-Ladestation in Mehrparteienhaus verweigert: Warum will der Elektriker nicht?
Die einfachste Antwort: Der Hausanschluß oder das Netz geben die Leistung nicht her. Dann kann man vielleicht den Hausanschluß verstärken lassen, was recht teuer werden kann. Es gibt allerdings auch andere Gründe. Gerade in neueren Mehrparteienhäusern ist der folgende Sachverhalt öfters aufgetreten:
Der Elektriker verweigerte eine dreiphasige Ladestation, weil kein Platz dafür im “Sicherungskasten” ist. Mit “Sicherungskasten” ist in einem Mehrparteienhaus wahrscheinlich der Zählerplatz gemeint, also der Schrank, in dem die Stromzähler sind. Vom Hausanschlusskasten wird der Strom durch diesen Zählerplatz geleitet, wo die ganzen Stromzähler für die einzelnen Parteien sind. Von dort wird dann für jeden Haushalt eine Leitung in den Stromverteiler innerhalb der Wohnung gelegt. Dort sind in einer separaten Unterverteilung die Sicherungen etc. für alle elektrischen Verbraucher im Haushalt.
TODO: Bild Zählerplatz
Die Krux ist nun: Für den Anschluß der Ladestation braucht man eine Leitung, die hinter dem Stromzähler des Haushalts abzweigt — und zwar im Zählerplatz im Keller. Dort ist aber bei neueren Anlagen kein Platz bzw. es gibt neue Regeln, wie der vorhandene Platz zu nutzen ist. Die VDE-AR-N 4100:2019-04 beschreibt, wo welches Gerät installiert werden darf. Im “Anlagenseitigen Anschlußraum (AAR)”, der oberhalb des Zählers zu finden ist, dürfen nur drei Wechselstromkreise angeschlossen werden. Diese sind für Kellerbeleuchtung, Waschmaschine und Trockner vorgesehen und werden mit 16A abgesichert. Explizit heißt es dort: Einer dieser drei Wechselstromkreise kann auch für eine Ladestation verwendet werden.
Wenn der Elektriker also die Installation einer Drehstrom-Ladestation verweigert bezieht er sich womöglich auf diese Neuregelung. Demnach müsste eine separate Unterverteilung für diesen Wohnungseigentümer installiert werden, damit Platz für die Absicherung der Ladestation vorhanden ist. Das kann jedoch — je nach den Gegebenheiten vor Ort — schwierig oder teuer oder beides sein. Dem Elektriker können Sie das allerdings nicht vorwerfen, denn er ist an die Regeln der VDE gebunden ( siehe auch hier ).
Ihnen bleiben in diesem Fall zwei Handlungsoptionen:
- Sie begnügen sich mit einer einphasigen Ladestation. Der Wechselstromkreis mit 16A liefert 3,7kW — das reicht für etwa 18km nachgeladene Reichweite pro Stunde . Zum Laden über Nacht dürfte das in sehr vielen Fällen ausreichen.
- Sie finden irgendeine Möglichkeit, eine separate Unterverteilung zu realisieren. Natürlich zusammen mit Ihrem Elektriker.
Falls Sie mehr zu dem Thema erfahren möchten: Hager hält viele Informationen bereit. Im Hager Tip Nr. 44 werden die Regeln für Zählplätze ausführlich dargestellt.
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